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"Ich, Bertolt Brecht": KI-Avatar bringt den Dichter auf die TriBühne

"Ich, Bertolt Brecht": KI-Avatar bringt den Dichter auf die TriBühne

Update: 2025-10-10
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Mitten auf der Bühne im Stuttgarter Theater TriBühne steht eine große Leinwand. Sofort wird klar, wer oder was an diesem Abend Protagonist ist: die Projektionsfläche, der Screen. Dort erscheint ein sehr bekanntes Gesicht und begrüßt das Publikum.

Brecht meldet sich zu Wort


"Meine Damen und Herren, ich heiße Bertolt Brecht. Geboren 1898, gestorben 1956. Gestorben, das ist wichtig. Denn was Sie hier sehen, ist kein lebendiger Mann, sondern ein Schatten. Ein Algorithmus. Ein Echo. Eine Skizze." – so beginnt die digitale Version des Dichters seine Ansprache.
Die Projektion gleicht den Schwarz-Weiß-Fotos Brechts aus den 50er Jahren: runder Schädel, hohe Stirn, glatt rasiertes Kinn, markante Brille. Bewegung und Licht spiegeln sich in den Brillengläsern, wodurch der Avatar wie eine Live-Präsenz wirkt.

KI und Theater im Experiment


"Das ist wieder ein Experiment, nicht zum ersten Mal arbeiten wir mit KI, schon das vierte Mal. Und das ist verrückt, wie sich die Technologie entwickelt hat. Zwei Jahre zuvor konnte ich nur Bilder generieren, jetzt kann ich Filme mit Ton erzeugen," berichtet László Bagossy, Künstlerischer Leiter der TriBühne.
Das Stück ist als "Performance und Theaterereignis mit Schauspiel, Musik und künstlicher Intelligenz" konzipiert. Für Bagossy passt Brecht gleich mehrfach in dieses Experiment:
"Es gibt mehrere sehr interessante Parallelen zwischen Theater und KI. KI imitiert unser Leben, imitiert die Menschen. Ich gebe Prompts, genauso wie ich meine Schauspieler instruieren würde. Diese Imitation ist eine Grundsache der Kunst, und Brechts Verfremdungsideologie ist diesem KI-Phänomen sehr nah."

Proben und Spannungen


Monate lang fütterten Bagossy und sein Team den Computer mit Diskussionen über Brecht und KI. Für Schauspieler ist die Vorstellung, von Avataren ersetzt zu werden, eine große Herausforderung. „Diese Debatten waren super interessant. Beide Seiten – Pessimisten und Optimisten – waren relevant, weil niemand weiß, was kommt,“ erklärt Bagossy.
Schon jetzt zeigt die Projektion Sätze, die so gut sind, dass der Regisseur sie ins Stück aufnahm. Der „Brecht-Agent“, wie Bagossy ihn nennt, beweist manchmal sogar Selbstironie:
„Damals druckte man so etwas. Heute würde man es posten. Und wahrscheinlich würden viele es liken. Auch ich wollte Lob. Und bekam Likes.“

Menschlichkeit kontra KI


Trotz der beeindruckenden Technik bleiben die echten Schauspieler das emotionale Zentrum der Inszenierung. Bagossy erklärt: Die Menschlichkeit der Darsteller wirkt neben dem digitalen Brecht noch intensiver. Über die Zusammenarbeit mit der KI sagt er:
"Ich bin neugierig, aber realistisch. Vielleicht ist es besser, mit diesem ‚Alien‘ zusammenzuarbeiten, als alles zu vermeiden – was ohnehin unmöglich ist."
Die Uraufführung von "Ich, Bertolt Brecht" findet heute Abend um 19 Uhr statt, weitere Vorstellungen laufen bis Ende November.
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